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Redaktion: Heinz Schmitz


Die Fabrik wird digitaler, aber nicht menschenleer

Fabrikautomation
Am wandlungsfähigen Produktionssystem demonstrieren die Lemgoer Forscher Lösungen für die intelligente Automation. (Quelle: Institut für industrielle Informationstechnik)

Von Schlagworten wie Künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen, Sensor- und Informationsfusion, über Cybersicherheit, IoT bis zu intelligenten Assistenzsystemen – die Digitalisierung hält Einzug in alle Bereiche der industriellen Produktion. Auf der weltweit größten Industrieschau stellen die Forschungspartner Fraunhofer IOSB-INA und das Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) der Hochschule OWL aus Lemgo digitale Innovationen in der IT-basierten Automation vor und zeigen in verschiedenen Live-Präsentationen neueste Ergebnisse ihrer Forschungsarbeiten, wie die Fabrik der Zukunft aussehen könnte.

 

„Wir nutzen intelligente technische Systeme, um etwa Produktionsdaten oder Informationen zum aktuellen Anlagenstatus in Echtzeit über das Internet beispielsweise an das Smartphone eines Wartungstechnikers zu übermitteln. Dieser könnte sich dabei auch in einer ganz anderen Fabrik befinden“, so Professor Jürgen Jasperneite, Institutsleiter des Fraunhofer IOSB-INA und international anerkannter Industrie-4.0-Experte. Er zeigt damit auf, dass bereits anwendbare Lösungen existieren und die „intelligente Fabrik für viele Handlungsfelder längst keine Utopie mehr ist“. Künstliche Intelligenz oder computergestützte Assistenzsysteme sollen dabei den Betrieb der immer komplexer werdenden Industrieanlagen erleichtern: Innovative, selbstlernende Modelle können beispielsweise den Menschen von monotonen, repetitiven oder gefährlichen Aufgaben befreien oder den Prozess einer Anlagenüberwachung und -wartung wesentlich optimieren.

 

Intelligente Automation aus Lemgo

An einer wandlungsfähigen Produktionsanlage zeigen die Lemgoer Forscher beispielsweise die Anwendung Künstlicher Intelligenz für das Condition Monitoring. Datenerfassungssysteme und Algorithmen können hier das Systemverhalten lernen und Anomalien, beispielsweise fehlerhaftes Zeitverhalten im System, nicht nur erkennen, sondern anhand der Sensorsignale auch präzise an der Anlage lokalisieren. Basierend auf aus Daten gelernten Modellen, unterstützt das Assistenzsystem an der Anlage die vorausschauende Wartung und erleichtert den Produktionsprozess. Ein Monitor zeigt den aktuellen Zustand der Anlage an und erkennt Unregelmäßigkeiten, indem Sensordaten analysiert und Ergebnisse anschließend visualisiert werden.

 

Die Vorteile von Assistenzsystemen liegen für die Forscher in der Flexibilität und den vielfältigen intuitiven Einsatzmöglichkeiten. „Informationsfusion ist Voraussetzung für Industrie 4.0, also die Bündelung von großen Datenmengen. Diese werden beispielsweise an Assistenzsysteme weitergegeben und können dann vom Anwender genutzt werden“, erläutert Professor Volker Lohweg, Institutsdirektor am inIT und Vorreiter auf dem Gebiet der Sensor- und Informationsfusion. „Neu ist unser Ansatz einer nutzerzentrierten Hilfestellung und automatisierten Fehlerkontrolle, als Unterstützung und nicht zur Überwachung des Menschen.“ Am Assistenzsystem XTEND demonstrieren sie den Messebesuchern eine situationsbezogene Augmented Reality (AR)-Unterstützung durch Tiefensensoren in der Kamera. Der Nutzer kann hier die jeweils für ihn passende Ein- bzw. Ausgabemodalität wie ein Tablet, eine Projektion oder eine Datenbrille am Arbeitsplatz selbst wählen. Ein Leichtbauroboter erlaubt zudem eine direkte Mensch-Roboter-Kollaboration durch die Beförderung des Werkstücks zu einer Prüfkamera. Fehlerquellen können so bereits im Prozess aufgezeigt und behoben werden.

Digitalisierung als Chance

Fabrikautomation
Intelligente Assistenzsysteme unterstützen den Werker interaktiv bei einem Montagevorgang und leiten ihn beispielsweise über Projektionen oder Datenbrillen durch die Arbeitsschritte. (Quelle: Fraunhofer IOSB-INA)

Die Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten. Arbeits- und Berufsfelder werden sich verändern, „doch der Mensch bleibt weiterhin unersetzbar in der Produktionswelt“, so Jasperneite. Geht es nach den Forschern vom Fraunhofer IOSB-INA und inIT, bietet die digitale Fabrik der Zukunft reichlich Potentiale, den Menschen im Produktionsumfeld zu unterstützen und zu entlasten. Die menschenleere Fabrik wird es für Jasperneite nicht geben: „Mensch und Maschine werden sich zukünftig noch besser ergänzen können.“ So können intelligente Automatisierungstechnologien und digitale Assistenzsysteme zunehmend eigenständig Entscheidungen treffen, die gleichzeitig den Menschen in seiner Arbeit unterstützen. Lohweg ergänzt, die Digitalisierung der Industrie biete ein „enormes Potential, innovativ und weltweit vernetzt zu produzieren“.

 

Ziel der Lemgoer Forschungsarbeiten ist es, viele mittelständische Unternehmen für das Potential der Digitalisierung zu sensibilisieren und sie beim Technologietransfer im eigenen Unternehmen zu unterstützen. Digitalisierung im Mittelstand erfordert nicht nur neue Technologieentwicklungen, sondern beispielsweise auch IT- Sicherheitskompetenz. Ein speziell entwickelter Lernkoffer des Lemgoer Fraunhofer-Lernlabors „Cybersicherheit in der Produktion“ stellt Messebesuchern praktische Anwendungsbereiche vor. Anhand eines industriellen Prozesses werden sicherheitskritische Aspekte aufgezeigt, verschiedene Cyberangriffe demonstriert und eine sichere Kommunikation basierend auf OPC UA vorgestellt. Dies ermöglicht die Umsetzung von Industrie-4.0-Anwendungsfällen wie Predictive Maintenance, Optimierung oder Condition Monitoring. In Lemgo wird seit Jahren an Technologien für die Intelligente Automation geforscht und Industrie 4.0 in die Praxis umgesetzt.

 

Siehe auch:

http://www.fraunhofer-owl.de

http://www.init-owl.de

http://www.ciit-owl.de

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