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Redaktion: Heinz Schmitz


Drohnenflug rettet Rehkitze

Im Mai, wenn die Wiesen saftig sind und die Kräuter in voller Blüte stehen, bringen die Rehe ihre Jungen zur Welt. Während die Ricke nach Nahrung sucht, verharren die Kitze im hohen Gras, um Raubtiere nicht auf sich aufmerksam zu machen. Ein Verhalten, das manchen Kitzen zum Verhängnis wird, sobald Wiesen und Felder maschinell gemäht werden. Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Fernerkundung der Universität Jena haben jetzt die Setzplätze von Rehkitzen per Drohnenflug erkundet und den Landwirten der Geratal Agrar GmbH und Co. KG Andisleben mitgeteilt. Dr. Christian Thiel überflog mit einem Oktokopter – einer Drohne mit acht Propellern – einen Luzerneschlag von etwa 200 mal 700 Meter Größe, wobei das Areal fotografiert wurde. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Sina Truckenbrodt wertete die Daten aus und machte dabei mutmaßlich acht Rehkitze aus. „Die Tiere im dichten Grün exakt zu lokalisieren fällt schwer“, sagt Truckenbrodt. Dennoch sei die Zuarbeit von den Landwirten begrüßt worden.

 

Die Suche nach den Rehkitzen ist lediglich ein Nebeneffekt der gegenwärtigen Forschungsarbeit. Unter Leitung von Prof. Dr. Christiane Schmullius arbeitet Truckenbrodt am Projekt EO-LDAS, bei dem die Vegetation auf der Erdoberfläche von Satelliten aus unter die Lupe genommen wird. EO-LDAS steht für „Earth Observation – Land Data Assimilation System“ – ein neuartiges Verfahren, mit dem bis zu elf Parameter der Vegetation und des Bodens aus Satellitenbildern abgeleitet werden können. Die Voraussetzung dafür liefert ein mathematisches Modell, das eine Forschergruppe um Prof. Dr. Philip Lewis vom University College London in Kooperation mit Prof. Schmullius 2012 entwickelt hat. „Wir können mit EO-LDAS aus den Satellitenaufnahmen beispielsweise die Wuchshöhe der Pflanzen, den Chlorophyllgehalt der Blätter und die Bodenfeuchtigkeit ableiten“, sagt Sina Truckenbrodt. Ausgewertet würden dazu die Farbspektren der Satellitenbilder. Die Farbe des Bodens etwa lasse Rückschlüsse auf dessen Feuchtegehalt zu.

 

Bei dem mathematischen Modell handelt es sich um einen Prototypen. Deshalb werden Vergleichsdaten im Gelände gesammelt, um das System auf seine Praxistauglichkeit zu testen. Diesem Test dienen auch die Drohnenflüge, mit denen die Forscher aus geringer Höhe Referenzdaten sammeln, die mit aus Satellitenaufnahmen abgeleiteten Daten verglichen werden. Ziel ist es, die Potenziale des Systems auszuloten und seine Schwachstellen aufzudecken.

 

Die Oktokopter-Drohne stammt aus dem Projekt TerraSensE, an dem der Jenaer Lehrstuhl für Fernerkundung beteiligt ist. In diesem Teilprojekt von „Terrestrische Sensorik für hochaufgelöste Analytik von Erdoberflächenprozessen“ (TerraSensE) geht es ebenfalls um die Erhebung und Auswertung von Daten, mit denen die Biosphäre untersucht wird.

 

Auf Satellitenbildern entspricht ein Pixel beispielsweise einer Fläche von

6,5 mal 6,5 Metern auf der Erde. Bei manchen Satelliten ist die Fläche noch größer, etwa 30 mal 30 Meter. Für die exakte Auswertung und den Vergleich mit den Daten aus dem Drohnenflug werden die Felder mit Markierungen versehen. Die Wissenschaftler von der Universität Jena sind deshalb auf die Hilfe und das Wohlwollen der Landwirte angewiesen. Die Hinweise auf die Rehkitz-Setzplätze sind daher auch als kleines Dankeschön für die gute Zusammenarbeit mit den Landwirten zu verstehen – und dies sicher auch zur Freude der Rehe und ihres Nachwuchses.

 

Siehe auch:

http://www.uni-jena.de

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