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Redaktion: Heinz Schmitz


Meilenstein für gedruckte Photovoltaik

Solarzellen
Forscher suchen nach organischen Solarzellen, die in der Photovoltaik eine konkurrenzfähige Alternative zu herkömmlichen Siliziumzellen sind. (Quelle: Tim Reckmann / pixelio.de)

Im Rennen um effiziente Solartechnologien der Zukunft als tragfähige Alternative zu fossilen Energieträgern haben Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) rund um den Photovoltaik-Forscher und Materialwissenschaftler Prof. Dr. Christoph Brabec einen Meilenstein gesetzt. Gemeinsam mit Kooperationspartnern des Londoner Imperial College und der King Abdullah University of Science and Technology (KAUST) erforschten sie ein neues Molekül, aufgrund dessen organische Solarzellen eine deutlich längere Lebensdauer erreichen – bei gleichzeitig verbessertem Wirkungsgrad. Den Wissenschaftlern ist es gelungen, in der neuen Solartechnologie jene Faktoren miteinander zu vereinen, die auf dem Energiemarkt wichtig sind, um nachhaltig Energie zu erzeugen: Modulwirkungsgrad, Lebensdauer und Kosten pro Watt. Sie sind hauchdünn, biegsam und lichtdurchlässig, werden in Fensterglas integriert oder setzen als sanft geschwungene großflächige Lichtobjekte in der Architektur gestalterische Akzente: Organische Solarzellen gelten in der Photovoltaik als konkurrenzfähige Alternative zu herkömmlichen Siliziumzellen.

 

Anders als die Siliziumzellen, die häufig in Photovoltaikanlagen auf Hausdächern verbaut sind, bestehen organische Solarzellen aus speziellen halbleiterbasierten Polymeren sowie sogenannten Fullerenen, kohlenstoffbasierten Nanokügelchen, die aussehen wie ein Fußball. Aufgrund des Einsatzes von Fullerenen erreichen die Lichtzellen zwar einen hohen Wirkungsgrad. Doch einem Langzeiteinsatz von zum Beispiel 30 Jahren halten sie nicht stand: „Die Umweltstabilität solcher Solarzellen reicht noch nicht aus“, sagt Prof. Dr. Christoph Brabec, Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Materialien der Elektronik und der Energietechnologie).

 

Nun vollzieht sich ein Paradigmenwechsel. Denn FAU-Forschern rund um Brabec und dem Materialwissenschaftler und FAU-Doktoranden Nicola Gasparini ist es gelungen, eine Alternative für Fullerene aufzuzeigen. „Wir haben ein neues organisches Molekül erforscht, das nicht auf Fullerenen basiert. Unter den für die Photovoltaik wichtigen sogenannten Akzeptoren stellt es eine völlig neue Klasse an Funktionalität dar“, erläutert Christoph Brabec. Während Fullerene nur ganz wenig Licht absorbieren, punktet das erforschte Molekül mit der Umwandlung von sehr viel Licht. Je mehr Sonnenlicht absorbiert wird, desto höher ist die Effizienz. „Dies ist der Aufbruch der internationalen Forscherwelt, mit Hilfe neuer Zell-Technologien Fullerene generell zu ersetzen und damit die Solarstrom-Gestehungskosten zu senken.“ Auf diese Weise werde, so Brabec, bei der Energieerzeugung die Photovoltaik als konkurrenzfähige Alternative zu fossilen Energieträgern gestärkt. Unter Stromgestehungskosten fallen alle Kosten, die nötig sind, um zum Beispiel Sonnenenergie in elektrischen Strom umzuwandeln.

 

In der jetzt veröffentlichten Studie weisen die Wissenschaftler – bezogen auf das spezielle neue Polymer – eine Rekordstabilität und Rekordeffizienz des neu entwickelten synthetischen Materials nach. „Wir haben eine deutlich erhöhte Umweltstabilität an Luft, aber auch bei hohen Temperaturen von bis zu 140 Grad gemessen“, erläutert Brabec. „Und wir erwarten, aufgrund dieser Materialien stabile Solarzellen mit über zehn Prozent Wirkungsgrad erreichen zu können.“

 

Nicht zuletzt gestaltet sich der Prozess, die neuen organischen Materialien zu drucken, kostengünstiger. Statt teure Halbleitertechnologien zu nutzen, werden die Photovoltaikelemente, die aus dünnen Kunststoffträgern bestehen, vom Band gefertigt, also beschichtet und gedruckt. Die Solarfolien können außerdem mit unterschiedlichen Farbtönen hergestellt werden. Davon profitieren zum Beispiel Architekten, indem sie die Farbgestaltung ästhetisch anspruchsvoller Lösungen relativ frei wählen können, oder Automobilentwickler, um die speziellen organischen Solarzellen etwa in Glasdächern von Kraftfahrzeugen zu verbauen. Zahlreiche neue Optimierungsmöglichkeiten und Anwendungsfelder eröffnen sich aber auch für die chemische Industrie.

 

Originalveröffentlichung:

Fachzeitschrift Nature Communications, doi: 10.1038/NCOMMS11585

 

Siehe auch:

https://www.fau.de/

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