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Redaktion: Heinz Schmitz


Quantentechnologie für neue Bildgebung

QUILT Photonenquelle
Parametrische Quelle für verschränkte Photonen. (Quelle: Fraunhofer ILT, Aachen / Volker Lannert.)

Einzelne Photonen und Quantenzustände gezielt präparieren, kontrollieren und für moderne Anwendungen ist das Ziel des Leitprojekts QUILT (Quantum Methods for Advanced Imaging Solutions). Die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT entwickeln in diesem gemeinsamen Vorhaben robuste, vermarktungsfähige Photonen-Quellen für bildgebende Verfahren auf quantentechnologischer Basis. Denkbare Anwendungsgebiete sind die Medizin- oder Messtechnik, in denen damit neue Bereiche des elektromagnetischen Spektrums erschlossen und Grenzen der Bildgebung erweitert werden können.

 

Siliziumbasierte Transistoren, Laser oder GPS-Systeme sind aus unserem heutigen Leben kaum wegzudenken. Diese sind nur ein paar der vielen Anwendungen, die aus einer ersten Generation von Quantentechnologien hervorgingen, bei denen vor allem kollektive Teilchenphänomene der Quantenphysik genutzt wurden. Eine »zweite Quantenrevolution« eröffnet nun neue Möglichkeiten: Quantenphysikalische Systeme aus einzelnen Teilchen, z. B. Photonen, lassen sich mittlerweile gezielt manipulieren und zukünftig für Anwendungen nutzen.

 

Neue, wirtschaftliche Quantentechnologien

Sechs Fraunhofer-Institute bündeln im QUILT-Leitprojekt ihre wissenschaftliche Expertise und technologische Kompetenz auf dem Gebiet des Quantum Imaging, um Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in marktnahe Anwendungen zu überführen. Prof. Andreas Tünnermann, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, und Prof. Karsten Buse, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Physikalische Messtechnik IPM, koordinieren das von der Fraunhofer-Gesellschaft geförderte Gemeinschaftsprojekt. QUILT startete mit einer Laufzeit von zunächst drei Jahren, am 1. März 2018 fand in Berlin das Kick-off-Meeting statt. »Ein Ziel des Leitprojekts ist es, quantentechnologische Konzepte, die aktuell noch in frühen Entwicklungsphasen stecken, bzgl. ihres Markt- und Anwendungspotentials zu bewerten und lohnende Ansätze im Hinblick auf ihre technologische Reife weiterzuentwickeln«, erläutert Dr. Bernd Jungbluth, Gruppenleiter am Fraunhofer ILT. Die Projektpartner untersuchen jeweils bestimmte, noch weitgehend unerschlossene Wellenlängenbereiche und arbeiten eng mit weltweit renommierten Gruppen aus der Grundlagenforschung zusammen, z. B. mit dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Max-Planck- Institut für die Physik des Lichts.

 

Neue Bildgebung mit bisher ungenutzten Wellenlängen

Die Wissenschaftler des Fraunhofer ILT visieren für das zukünftige Quantum Imaging Wellenlängen im mittleren Infrarotbereich (MIR) an. In diesem Bereich, der auch als »Fingerprint-Bereich« bezeichnet wird, weisen viele Stoffe charakteristische Absorptionslinien auf. Allerdings sind geeignete Detektoren technisch aufwändig, teuer und durch eine geringe Empfindlichkeit limitiert. Mit dem Phänomen der Verschränkung lassen sich entsprechende Photonen trotzdem für Messungen nutzen. Dazu wird ein nichtlinear optisches Medium – ein Kristall mit speziellen physikalischen Eigenschaften – mit einem Laser angeregt. Einzelne Photonen des Lasers werden dabei in einem parametrischen Prozess jeweils in Paare verschränkter Photonen umgewandelt, die verschiedene Wellenlängen haben können. Verschränkt bedeutet, dass die beiden erzeugten Photonen als ein einziges Quantensystem anzusehen und ihre Eigenschaften daher in höchstem Grade korreliert sind. Die Messung einer Eigenschaft an einem der beiden Partner lässt unmittelbar auf Eigenschaften des zweiten Partners schließen.

 

Maßgeschneiderte Photonen manipulieren

Am Fraunhofer ILT wird aktuell eine SPDC (spontaneous parametric downconversion)-Quelle zur Erzeugung verschränkter Photonen entwickelt, für das spätere Quantum Imaging aufgebaut und charakterisiert. Die Quelle soll eine Signalwelle erzeugen, die mit Siliziumtechnologie gut zu detektieren ist, und eine zweite Wellenlänge im MIR für die Wechselwirkung mit dem zu messenden Objekt. Die Eigenschaften einer solchen Quelle ergeben sich aus dem Design im Zusammenspiel mit geeigneten Material-, Geometrie- und Strahlparametern. Entscheidend für Anwendungen sind dabei nicht zwingend eine große Leistung oder ein großer Photonenfluss bei einer bestimmten Wellenlänge, sondern eine hohe Paar-Rate und eine gute Korrelation der Photonen.

 

Know-how zu parametrischen Prozessen und Materialien steckt bereits in anderen Strahlquellen, die am Fraunhofer ILT entwickelt wurden, etwa in Optisch Parametrischen Oszillatoren (OPO). Die bereits gut verstandenen Materialen sollen nun für neue Quantentechnologien als besonders dünne Kristalle designt werden, sodass nur wenige Photonen durch Absorption im Material verloren gehen. Florian Elsen, Projektleiter für QUILT am Fraunhofer ILT, erklärt: »Damit könnten später bessere Signal-zu-Rausch- Verhältnisse im Vergleich zu klassischen Messsituationen ermöglicht werden oder Anwendungen, bei denen hohe Intensitäten schädlich sind.«

 

Neben dem Verständnis parametrischer Prozesse und einem maßgeschneiderten Optikdesign ist vor allem die technische Umsetzung für die Markt- und Anwendungstauglichkeit quantenoptischer Systeme entscheidend. Auch hier verfügt das Fraunhofer ILT über viel Erfahrung und robuste Technologieplattformen, beispielsweise aus der Entwicklung satellitenbasierter Laser und OPOs für die Klimaforschung. Im Bereich der Quantentechnologien stehen vor allem die Kompaktheit und ein hoher Integrationsgrad der Systeme im Fokus. In QUILT entwickeln die Wissenschaftler deshalb das Schreiben optischer Wellenleiter mit ultrakurzen Laserpulsen weiter. Auf dieser Basis werden integrierte Interferometer für Imaging und Spektroskopie im Fingerprint-Bereich umgesetzt. »Mit parametrischen Photonenquellen, integrierter Optik und Packagingverfahren entwickeln wir ein breites Portfolio von Lösungen. Über das Imaging hinaus beinhalten diese auch Querschnittstechnologien für Anwendungen beispielsweise in der Quantenkommunikation oder im Quantencomputing«, sagt Dr. Arnold Gillner, Kompetenzfeldleiter am Fraunhofer ILT und Teilprojektleiter in QUILT.

 

Siehe auch:

http://www.ilt.fraunhofer.de/

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