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Redaktion: Heinz Schmitz


Stahlharte Mathematik

Am Weierstraß-Institut startet nun das europäische Doktorandenprogramm MIMESIS (Mathematics and Materials Science for Steel Production and Manufacturing), in dem Nachwuchswissenschaftler in enger Kooperation mit der Industrie neue Methoden zur Stahlherstellung und -bearbeitung entwickeln. Projektleiter Prof. Dietmar sagt: „Wir verbinden in dem Projekt die Disziplinen Mathematik und Materialwissenschaft, verschiedene Länder sowie Wissenschaft und Wirtschaft. Die Qualifikation, die die jungen Leute dabei erlangen, sind auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt.“

 

Die physikalischen Eigenschaften von Stahl lassen sich durch Phasenübergänge gezielt steuern. So wird das Material besonders hart, wenn es zunächst erhitzt und anschließend schnell abgekühlt wird. Das ist zum Beispiel am Rand eines Zahnrads erwünscht, das Innere soll jedoch weicher bleiben, damit es länger hält. Beim induktiven Erwärmen des Materials werden verschiedene Frequenzen des Stroms gleichzeitig angelegt: Die hohe Frequenz greift nur den Zahnkopf an, die mittlere Frequenz den Zahnfuß.

 

Sehr viele Parameter spielen gleichzeitig eine Rolle. Um diesen Prozess technisch zu beherrschen, müssen die Wissenschaftler ihn im Computer simulieren. Für das Verständnis braucht man zum einen die Materialwissenschaft, um die Vorgänge im Inneren des Stahls zu verstehen, und zum anderen die Mathematik zur Optimierung.

 

Das Herstellen von Stahl gleicht überdimensionalem Kochen: Das Material wird in einer Gießpfanne eingeschmolzen und von unten mit Gas angeblasen. Das führt zu Verwirbelungen (es wird gerührt), und das Material wird mit verschiedenen Elementen legiert (gewürzt). Da dies ein sehr aufwendiger Prozess ist und man nicht immer zwischendurch probieren kann, um zu testen, ob die gewünschte chemische Zusammensetzung erreicht ist, wollen die Forscher in dem Projekt die Strömungsvorgänge in der Gießpfanne mit mathematischen Methoden simulieren.

 

Auch die Art des Rührens wirkt sich auf das Ergebnis aus und soll daher optimal gesteuert werden. Auf der Oberfläche bildet sich dabei ein sogenanntes “Open Eye“, d.h. eine Schlackenschicht, die sich beim Rühren in der Mitte öffnet. Von dessen Größe können die Mathematiker auf die Strömungsgeschwindigkeit zurückschließen. Auch außen an der Gießpfanne gemessene Vibrationen lassen einen Rückschluss auf die Strömung zu. Dazu lösen die Mathematiker sogenannte inverse Probleme.

 

Siehe auch:

http://www.wias-berlin.de

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