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Redaktion: Heinz Schmitz


Strategische Industriepolitik für IKT und Mikroelektronik

In Europa hängen rund 200.000 Arbeitsplätze direkt und mehr als 1.000.000 indirekt von der Elektronik und Mikroelektronik ab. Basis dafür sind führende Positionen in der Automobilelektronik (circa 50 Prozent Marktanteil), in Energieanwendungen (circa 40 Prozent Marktanteil) und in der Industrieautomatisierung (circa 35 Prozent Marktanteil) sowie Stärken im Elektronikentwurf für die mobile Telekommunikation und bei intelligenten Mikrosystemen. Dass Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern seine industrielle Basis bisher halten konnte, ist vor allem seinen „Hidden Champions“ zu verdanken: kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit großer Innovationskraft, marktführender Stellung und hohem Exportanteil. In den nächsten Jahren werden völlig neuartige technische Systeme mit vollständig integrierten, intelligenten Funktionen auch in Bereiche vordringen, die bisher noch ohne sie auskamen.

 

Damit kommt der Fähigkeit zur Entwicklung und Herstellung elektronischer Systeme eine Schlüsselrolle für die industrielle Produktion im 21. Jahrhundert und den weiteren wirtschaftlichen Erfolg der deutschen Unternehmen zu. Das zeigt das neue VDE-Positionspapier „Hidden Electronics“. Für die breite Sicherung der Industrieproduktion in Europa sind demnach insbesondere Halbleitertechnologien wie Low Power-, Systems on Chip-  und echtzeitfähige Technologien, Hochfrequenz-Halbleiter, Terahertz- Technologien, Leistungselektronik und Photonik von zentraler Bedeutung.

 

Die asiatischen „Tigerstaaten“ haben die Schlüsselrolle der Elektronik erkannt und Masterprogramme aufgelegt, um Elektronikfirmen und Halbleiterfertigungen meist hochsubventioniert anzusiedeln. Aus VDE-Sicht ist auch für Deutschland und Europa eine abgestimmte Industriepolitik mit dem Ziel der Stärkung von Produktion im Bereich der Elektronik dringend erforderlich. In den letzten Jahren ist es besonders für KMUs und Forschungseinrichtungen immer schwieriger geworden, mit den neuesten Halbleitertechnologien zu arbeiten, da die großen Chip-Firmen ihnen den Zugriff auf die Technologien nicht gestatten. Damit KMUs und Forschungseinrichtungen auch künftig in der Lage sind, ihre Entwicklung auf Basis von aktuellen Spitzentechnologien durchzuführen, müssen neue Kooperationsmodelle geschaffen werden.

 

Eine weitere sinnvolle Maßnahme ist die steuerliche Forschungsförderung – in vielen europäischen Nachbarländern Standard, in Deutschland nicht einmal mehr auf der Agenda des Koalitionsvertrages. Gerade in der Elektronikindustrie ist eine steuerliche Förderung ein wichtiges strategisches Instrument, um F&E langfristig in Deutschland zu halten und auszubauen. Darüber hinaus gilt es, eine Förderlandschaft zu schaffen, die alle Bereiche der Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationswertschöpfungskette inklusive der Vorlaufforschung für IKT- Schlüsseltechnologien berücksichtigt. Denn bahnbrechende Sprunginnovationen – sogenannte „Disruptive Technologien“ – können nur entstehen, wenn Forschungsideen langfristig gefördert und nach der Produktentwicklung erfolgreich im Markt etabliert werden. Auch mit Blick auf die aktuelle Debatte um Strompreise gibt der VDE zu bedenken, dass Investitionsentscheidungen in energieintensiven Produktionsbereichen wie der Elektronikfertigung Planungssicherheit verlangen und die Produktionskosten wichtige Faktoren bei Standortentscheidungen sind.

 

Das VDE-Positionspapier „Hidden Electronics“ wurde von Experten der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE sowie der VDE/VDI-Gesellschaft Mikroelektronik, Mikrosystem- und Feinwerktechnik erstellt und ist im Info-Center auf der Website des VDE (https://www.vde.com/de/InfoCenter/Studien-Reports/Seiten/Positionspapiere.aspx) kostenlos als Download erhältlich.

 

Nähere Informationen unter

http://www.vde.com

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