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Redaktion: Heinz Schmitz
Neue Software- Architektur für künftige Autos
Ein ID.BUZZ, das Testfahrzeug im Forschungsprojekt CeCaS. (Quelle: Kuo-Yi Chao/TUM)
Um autonome Fahrzeuge so sicher, so günstig und so konkurrenzfähig wie möglich zu machen, haben Forschende der Technischen Universität München (TUM) zusammen mit Partnern aus der Autoindustrie eine zentralisierte Architektur für das Software-gesteuerte Fahrzeug der Zukunft entwickelt. Software generiert sich weitgehend selbst und beliebige Szenarien mit autonomen Fahrzeugen lassen sich vorab am Teststand testen.
Damit die Autos der Zukunft unabhängig von Umweltbedingungen sicher und zuverlässig auf Straßen unterwegs sein können, müssen Unmengen von Daten verarbeitet werden. Sie kommen während der Fahrt live von Sensoren aus dem Fahrzeug und während der Fahrzeugentwicklung aus Datenbanken und/oder Simulationen auf Testständen. „Für autonomes Fahren werden die vom Fahrzeug selbst aufgenommenen Daten mit Daten aus fest installierten Kameras, Lidaren oder Radaren auf Schilderbrücken oder aus anderen Fahrzeugen der Umgebung kombiniert. Das wäre das Maximum, was man an Informationen bekommen könnte“, sagt der Leiter des TUM-Lehrstuhls für Robotik, künstliche Intelligenz und Echtzeitsysteme, Knoll.
Daten adhoc auswerten
Die dafür passende, rein Software-basierte und zentralisierte Fahrzeugarchitektur, die diese Daten adhoc auswertet und nutzt, haben Forschende der TUM sowie diverse Partner aus der Auto- und Chipindustrie in den letzten drei Jahren entwickelt – im Rahmen des vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderten Forschungsprojektes „Central Car Server“ (CeCaS). Eine solche Architektur ist für Fahrzeuggenerationen ab 2033 erforderlich.
Die Vorteile der neuen Fahrzeugarchitektur im Einzelnen:
- Szenarien lassen sich in Simulationen realitätsnah prüfen
Fahrzeuge sind in der Realität diversen Verkehrs- und Wetterbedingungen ausgesetzt, mit denen sie jedoch noch nicht vollständig automatisiert umgehen können. Dafür haben die Forscher ein Simulationsumfeld geschaffen, in dem mit Hilfe leistungsfähiger Graphikchips vielfältige Szenarien erzeugt werden können. Nach dem Training hat das Fahrzeug das Wissen für die jeweilige Situation gewissermaßen „an Bord“. Die Szenarien lassen sich zudem über einen „Open-Source-Zugang“ Nutzern aus der Automobilindustrie und Forschung zur Verfügung stellen.
- Zentralisierte und standardisierte Datenverarbeitung spart drastisch Kosten
In herkömmlichen Fahrzeugen sind oft mehr als hundert einzelne Steuerungsgeräte im Einsatz. Vielfältig programmierbare Hochleistungsrechner wie im CeCaS-Konzept werden sie künftig zum großen Teil ersetzen. Das bedeutet, dass die Verlegung vieler Kabel zwischen den Steuergeräten entfällt, die Montage einfacher wird und die Kosten sinken. Vor allem aber werden neue Funktionen künftig rein durch Softwareupgrades möglich werden. Und die Entwicklung von Software kann, wie bei Mobiltelefonen, individuell durch die Kunden angepasst werden.
- Über einen Digitalen Zwilling lassen sich alle Funktionen im Prüfstand testen
Im Prüfstand der TUM besteht die Möglichkeit, Fahrzeuge fest mit allen Achsen und Rädern einzuspannen und zu testen. Damit lassen sich nicht nur Fahrerassistenzsysteme, Antiblockiersysteme oder neue Notbremsassistenten testen. „Über einen Digitalen Zwilling des Fahrzeugs können wir auch Szenarien einspielen, die dann „live“ im Teststand ausprobiert werden können“, erläutert TUM-Forscher Knoll. Zudem lassen sich Szenarien einspielen und trainieren, in denen es in der Vergangenheit zu Unfällen mit autonomen oder teilautonomen Fahrzeugen kam. Ohne dass dabei jemand zu Schaden kommt.
Künstliche Intelligenz: Software entsteht mühelos
Für TUM-Professor Knoll liegt ein entscheidender Vorteil der künftigen Fahrzeugarchitektur darin, dass sie Entwicklungsprozesse und damit auch Innovationen beschleunigt. Wie TUM-Forschungsergebnisse im Rahmen von CeCaS zeigen, lässt sich Software mithilfe von künstlicher Intelligenz und generativen Sprachmodellen immer schneller entwickeln. Spezifikationen liegen fast immer in Textform vor. Und diese spiegeln das Verhalten eines technischen Geräts wider. Die TUM-Forschenden haben gezeigt, dass die Sprachmodelle Spezifikationen verarbeiten können, sofern sie konsistent, vollständig und widerspruchsfrei sind, was wiederum eine KI prüfen kann. So entsteht neuer Software-Code in Sekunden, quasi by-design. Voraussetzung ist jedoch, dass die gesamte Architektur im Fahrzeug dazu passt. Knoll: „Das Verständnis von Autos als Software-Defined-Vehicles, also Software-Plattformen, ist schlicht nötig, um in Zukunft auf dem Fahrzeugmarkt mithalten zu können.“
Originalpublikationen:
- Lebioda, N. Petrovic, F. Pan, V. Zolfaghari, A. Schamschurko, A. Knoll; Are Requirements Really All You Need? Using LLMs to Generate Configuration Code: A Case Study in Automotive Simulations; 8-2025; https://ieeexplore.ieee.org/document/11122468
- Kirchner, A. C. Knoll; Generating Automotive Code: Large Language Models for Software Development and Verification in Safety-Critical Systems; IEEE Intelligent Vehicles Symposium (IV 2025), Cluj-Napoca, Romania; https://doi.org/10.1109/IV64158.2025.11097503
- Petrovic, F. Pan, V. Zolfaghari, K. Lebioda, A. Schamschurko, A. Knoll; GenAI for Automotive Software Development: From Requirements to Wheels; DTF Symposium 2025;
https://arxiv.org/abs/2507.18223
Chengdong Wu, Sven Kirchner, Nils Purschke, Alois C. Knoll; ViL-TUM: A Testbench-Based Vehicle-in-the-Loop Test Method for Central Car Server Validation; DTF Symposium 2025, 10-2025
Siehe auch:
https://www.elektronikforschung.de/projekte/mannheim-cecas