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Redaktion: Heinz Schmitz
Datenspeicherung in Grenzflächen
Immer mehr unterbringen bei immer geringerem Platzverbrauch – was unmöglich klingt, ist Alltag in der Informationstechnologie, wo es seit Jahrzehnten gelingt, immer mehr Daten in Medien mit immer höherer Dichte zu speichern. Ein internationales Team um Jülicher Forscher hat nun ein physikalisches Phänomen entdeckt, das sich für die weitere Datenverdichtung eignen könnte. Sie fanden, dass die Grenzflächen, die in bestimmten kristallinen Materialien Bereiche voneinander trennen, eine Polarisierung aufweisen, mit der sich Informationen möglicherweise auf engstem Raum und dabei energiesparend speichern lassen könnten.
Die Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich, der Schweizer Forschungseinrichtung EPFL in Lausanne, der Schlesischen Universität im polnischen Kattowitz und der Jiaotong-Universität in Xi'an, China, haben so genannte antiferroelektrische Kristalle mit Hilfe modernster Elektronenmikroskope sowie Computersimulationen untersucht. Solche Materialien besitzen keine elektrische Polarisierung und schienen deshalb bisher für Anwendungen in dieser Hinsicht uninteressant zu sein. Die Forscher haben nun herausgefunden, dass bestimmte Bereiche solcher Materialien doch ferroelektrische, polare Eigenschaften besitzen können.
Ferroelektrizität tritt auf, wenn positive und negative Ionen gegeneinander verschoben sind und sich elektrische Dipole bilden. Die Stärke und die Orientierung der Dipole, oder Polarisierung, lässt sich mit einer äußeren Spannung ändern und bleibt ohne Zufuhr von Strom erhalten, bis man sie überschreibt. Ferroelektrische Materialien werden deshalb bereits zum Beispiel bei Bahntickets zur Speicherung von Daten eingesetzt. Die ferroelektrischen Bereiche, die die Forscher nun gefunden haben, sind nur rund zwei Nanometer dick und könnten deshalb einmal Daten auf zehnmal weniger Raum speichern, als es mit magnetischen Materialien möglich ist. Dabei handelt es sich um die Grenzflächen, die Areale gleichförmiger Strukturierung in den ansonsten antiferroelektrischen Materialien voneinander trennen.
"Solche Materialien kann man sich vorstellen wie dreidimensionale Patchwork-Objekte aus regelmäßig angeordneten Bausteinen, den Domänen", erläutert Dr. Xiankui Wei, Gastwissenschaftler am Jülicher Peter Grünberg Institut und Postdoktorand am EPFL. Innerhalb jedes einzelnen Bausteins tritt keine Polarisierung auf, da die elektrischen Dipole darin stets entgegengesetzt ausgerichtet sind und sich aufheben. Die Grenzflächen oder "Wände" zwischen den Domänen sind jedoch polar.
Atomar auflösende elektronenmikroskopische Untersuchungen mit Hilfe einer am Forschungszentrum Jülich entwickelten Technik zeigten, dass jede Wand einheitlich polarisiert ist. Um die Polarisierung zu ändern und Daten einzuschreiben, ist nur ein elektrisches Feld nötig, dann bleibt die Polarisierung bis zum Überschreiben gespeichert. Weil kein Strom fließen muss, ist der Energiebedarf geringer als bei der magnetischen Datenspeicherung.
"Besonders spannend für Anwendungen ist die spezielle Anordnung der Wände", berichtet Prof. Nava Setter vom EPFL: Unter dem Mikroskop sieht man schon bei relativ geringer Vergrößerung, dass die Domänen durch lange, parallel verlaufende Wände voneinander getrennt sind. Die Position der verformungsfreien Wände ist veränderlich – je nach Temperatur oder angelegter elektrischer Spannung rücken sie näher aneinander oder die Abstände vergrößern sich. Diese Phänomene wollen die Forscher genauer untersuchen, denn die Mobilität und die Dichte der Wände kontrollieren zu können, ist eine Voraussetzung für die technische Nutzung.
Originalveröffentlichung:
Ferroelectric translational antiphase boundaries in nonpolar materials; Xian-Kui Wei, Alexander K. Tagantsev, Alexander Kvasov, Krystian Roleder, Chun-Lin Jia, Nava Setter; Nature Communications 5 (2014), Article number: 3031, published online: 8 January 2014; DOI: 10.1038/ncomms4031
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