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Redaktion: Heinz Schmitz
eJustice – Mission (im-)possible?
Themen sind der elektronische Rechtsverkehr in Justiz, Kanzlei und Verwaltung, Datensicherheit, elektronische Akte und Strafakte, Barrierefreiheit und rechtssicheres Scannen. Der Deutsche EDV-Gerichtstag, bei dem sich Experten aus Bund und Ländern seit 23 Jahren zu Beratung und Erfahrungsaustausch an der Saar-Uni treffen, ist bundesweit der größte auf dem Gebiet des IT-Rechts und einer der größten deutschen Juristenkongresse. Zum Auftakt zeigen IT-Experten neue Sicherheitslücken auf und demonstrieren, wie diese von Hackern ausgenutzt werden können. Freigeschaltet wird ein Pilotprojekt, bei dem im Rahmen des Justizgroßvorhabens „e-Codex“ europäische Handelsregister vernetzt werden.
Wie kann der Schriftverkehr zwischen Anwalt und Gericht papierlos ablaufen, ohne dass Dritte ungewollt mitlesen? Wie kann die elektronische Strafakte die Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft verbessern? Wie können Unterschriften oder Eingangsstempel technisch ersetzt werden? Solche Fragen werden die Experten auf dem EDV-Gerichtstag diskutieren. Bis 2022 soll die komplette Kommunikation mit den deutschen Gerichten, sämtliche Anträge und Erklärungen vom Eingang bis zum Archiv, elektronisch erfolgen. So schreibt es das „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten“ vor, das im Oktober 2013 verkündet wurde. Die Arbeit der Justiz soll so vereinfacht, beschleunigt und bürgerfreundlich gestaltet werden. Dieser Entwicklung liegt ein jahrelanger Prozess zugrunde, den der Deutsche EDV-Gerichtstag begleitet und mitgestaltet hat. „Die flächendeckende Umstellung auf den elektronischen Rechtsverkehr stellt das Justizsystem vor eine gewaltige Herausforderung, deren ganzes Ausmaß noch nicht überall erkannt worden ist. Auch müssen die Konsequenzen für die Juristenausbildung und -fortbildung erst noch gezogen werden“, erläutert der Rechtsinformatiker Professor Maximilian Herberger.
„eJustice – Mission (im-)possible?“ lautet in diesem Jahr das Motto des Kongresses. In Arbeitskreisen beraten Juristen und IT-Spezialisten aktuelle Fragen, etwa welche Anforderungen die elektronische Akte und Strafakte in der Praxis erfüllen muss, wie anwaltliche Beratung und Büroorganisation elektronisch unterstützt werden können, wie Barrierefreiheit gewährleistet oder Dokumente rechtssicher gescannt werden können. In den Arbeitskreisen der „Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz“ tauschen sich außerdem die Bundesländer über den Stand der Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz aus.
Auch eJustice auf europäischer Ebene wird Thema sein. So werden die aktuellen Projekte im Rahmen von „e-Codex“ vorgestellt: Frankreich, in diesem Jahr Gastland beim EDV-Gerichtstag, ist gemeinsam mit Deutschland und weiteren Staaten an diesem elektronischen Justizgroßprojekt beteiligt. Das Justizministerium Nordrhein-Westfalen koordiniert e-Codex in Abstimmung mit Bund und Ländern. Mit Blick auf die nationalen und lokalen Erfordernisse werden bei e-Codex Lösungen entwickelt und in Pilotprojekten umgesetzt. Beispiele sind der europäische Mahnbescheid oder die europäische Registervernetzung. Auf dem EDV-Gerichtstag freigeschaltet wird das Pilotprojekt, das nun die europäischen Handelsregister vernetzen wird: Es ermöglicht zum Beispiel künftigen Geschäftspartnern, sich auch über Landesgrenzen hinweg elektronisch anhand des Handelsregistereintrags über Unternehmen zu informieren.
Da sich alle Juristen – vom Notar, Anwalt, Staatsanwalt, Richter bis hin zum Rechtspfleger – auf die neue Technik einstellen müssen, liegt wieder ein Schwerpunkt auf Aus- und Weiterbildung. So beschäftigt sich beispielsweise der Arbeitskreis der Europäischen EDV-Akademie des Rechts unter dem Titel „Elektronischer Rechtsverkehr: Vom Betroffenen zum Beteiligten – Veränderungsmanagement als wesentlicher Erfolgsfaktor?“ mit den Veränderungen der Tätigkeitsfelder und Aufgaben durch die Einführung von eJustice.
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