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Redaktion: Heinz Schmitz


Gestohlene Identitäten

Meldungen zu Datendiebstahl im Internet wie: 'Geheimdienste spionieren personenbezogene Daten von Nutzern im Internet aus' oder 'Cyber-Kriminelle hacken Kundendatenbanken von Unternehmen' machen immer häufiger Schlagzeilen. „Wenn gestohlene Daten nicht direkt für kriminelle Zwecke verwendet werden, landen sie oftmals auf illegalen Handelsplattformen und werden dort meistbietend verkauft“, weiß Prof. Walsh von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Personen- und finanzbezogene Daten wie Namen, Anschriften, Bankverbindungen und Kreditkartendetails lassen sich nutzen, um damit z. B. unter fremdem Namen im Internet einzukaufen oder Kredite aufzunehmen, so der Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing.

 

Der Datenmissbrauch verursacht für die Betroffenen meist nicht nur schwere finanzielle Verluste, sondern kann auch deren Reputation schädigen. Kein Wunder also, dass die Angst vor Datendiebstahl im Internet bei den Verbrauchern wächst. Doch wie beeinflusst diese Angst das Kaufverhalten im Internet? Dieser Frage sind Wirtschaftswissenschaftler der Uni Jena gemeinsam mit einem Kollegen der University of Western Ontario in Kanada nachgegangen. Sie haben dafür ein Befragungsinstrument entwickelt und dieses in einer Studie mit mehr als 1.100 Konsumenten in Deutschland getestet.

 

Dass Konsumenten Angst vor Identitätsdiebstahl im Internet haben, belegen bereits frühere kommerzielle Konsumentenbefragungen, die zudem zeigen, dass diese Angst auch das Konsumverhalten beeinflusst. „Die Gefahr, Opfer eines Identitätsdiebstahls zu werden, hat sich in den letzten Jahren massiv erhöht. Die zum Teil spektakulären Fälle, über die in den Medien berichtet wird, verstärken die Angst bei den Konsumenten zusätzlich“, sagt Prof. Walsh. Um sich dieser Thematik wissenschaftlich zu nähern und Erkenntnisse sowohl für die betriebswirtschaftliche und E-Commerce- Forschung als auch die Praxis zu gewinnen, mussten die Jenaer Wissenschaftler Neuland betreten: Sie haben eigens ein Instrument entwickelt, mit dem sich die Angst vor Identitätsdiebstahl direkt „messen“ lässt. Dabei handelt es sich um einen umfangreichen Online-Fragebogen, der die Angst der Konsumenten sowohl vor finanziellen Verlusten als auch vor Schäden der eigenen Reputation erfasst. Damit lassen sich nicht nur das Ausmaß der Angst von Identitätsdiebstahl im Internet ermitteln, sondern auch Einflussfaktoren darauf.

 

Wie die vorgelegte Studie zeigt, besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen Angst vor Identitätsdiebstahl und Kaufabsicht. „Selbst bei internetaffinen Konsumenten nimmt die Kaufabsicht signifikant ab, wenn die Angst vor Datendiebstahl wächst“, sagt Patrick Hille, Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Walsh. Das könne u. U. zu direkten Umsatzeinbußen bei Unternehmen führen. Unternehmen, die im Internet operieren, sollten daher nicht nur die neueste Sicherheitstechnik bei ihren Webseiten verwenden, so die Empfehlung der Jenaer Forscher. „Sie sollten die Kunden auch kommunikativ von der Sicherheit überzeugen und aktiv etwas gegen die Angst vor Datendiebstahl tun“, so Hille weiter. Beispielsweise könnten spezielle Vertrauenssiegel und umfangreiche Privatsphäre-Regeln auf Webseiten implementiert werden. Das neue Messinstrument der Wirtschaftsforscher kann Unternehmen zudem dabei helfen, besonders ängstliche Kunden schon im Vorfeld zu identifizieren und speziell ausgerichtete Webseiten anzubieten, die auch bei stärkerer Angstausprägung der Kunden vertrauensvoll wirken.

 

Originalpublikation:

Hille P, Walsh G, Cleveland M. Consumer Fear of Online Identity Theft: Scale Development and Validation, Journal of Interactive Marketing,

DOI: 10.1016/j.intermar.2014.10.001

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