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Redaktion: Heinz Schmitz
15 Gigabit/Sekunde über 15 Kilometer
Wissenschaftlern der Universität Stuttgart ist es gelungen, eine Datenrate von 15 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) mit einer Richtfunkstrecke im so genannten E-Band über eine Distanz von über 15 Kilometer zu übertragen. Dies entspricht einer Verdreifachung der bisher möglichen Datenrate und Distanz. Die Übertragung war selbst bei Nebel und leichtem Regen möglich. Derartige Richtfunkstrecken können für die nächste Generation der Satellitenkommunikation eingesetzt werden, bei der große Datenmengen vom Satelliten durch die Erdatmosphäre zur Bodenstation gebracht werden müssen. Der gleiche Frequenzbereich ist aber auch für die terrestrische Datenübertragung zugelassen und erfährt aktuell einen weltweiten Aufschwung.
Immer höhere Anforderungen an die zu übertragenden Datenmengen, getrieben durch die ungebremst fortschreitende Entwicklung beim mobilen Mediennutzungsverhalten, erfordern neue Lösungs-ansätze für die kabellose Kommunikation mit extrem hohen Übertragungsgeschwindigkeiten. Durch die hohen verfügbaren Bandbreiten eignen sich Frequenzen im sogenannten E-Band zwischen 71 und 76 Gigahertz (GHz) sowie zwischen 81 und 86 GHz für terrestrische Anwendungen mit hohen Bitraten besonders gut. Darüber hinaus lässt die vergleichsweise geringe Dämpfung der elektromagnetischen Wellen durch atmosphärische Einflüsse in diesem Frequenzbereich hohe Übertragungs-distanzen zu. Neben terrestrischen Anwendungen in der Mobilkommunikation oder der Anbindung ländlicher Gegenden an das Breitbandinternet macht der geringe Einfluss der Erdatmosphäre diesen Frequenzbereich auch für die Anbindung von Satelliten interessant. So können auch bei widrigen Witterungsbedingungen hohe Datenmengen etwa von Erdbeobachtungssatelliten zur Erde gefunkt werden.
Im Rahmen eines vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt geförderten Projektes ist den Forschern nun ein Durchbruch gelungen: Von einem Fernsehturm des Südwestrundfunks aus konnten selbst bei widrigen Witterungsbedingungen Datenraten bis zu 15 Gbit/s über eine Distanz von 15 km übertragen werden. Gegenüber dem heutigen Stand der Technik entspricht dies einer Steigerung um den Faktor drei, sowohl bei der Übertragungsdistanz als auch bei der Datenrate. Datenrate und Distanz lassen sich dabei grundsätzlich in gewissen Grenzen zueinander verschieben. So konnte mit demselben Funksystem im Labor Datenraten von bis zu 60 Gbit/s nachgewiesen werden.
Möglich wurde dieser Erfolg durch die parallele Umsetzung mehrerer technischer Innovationen: Leistungsstarke Sender und Empfänger im E-Band auf Basis moderner Halbleitertechnologien des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF sorgen für die Frequenzumsetzung und Verstärkung der breitbandigen Signale. Diese werden über stark gerichtete Parabolantennen, entwickelt vom Projektpartner Radiometer Physics, übertragen und empfangen. Modernste Messtechnik der Firma Keysight erlaubt die Generierung und Analyse der Funksignale mit Informationsbandbreiten bis zu 12 GHz. Derartig leistungsfähige Digitalschaltungen werden bisher vorrangig im Bereich der glasfaser-basierenden Kommunikation eingesetzt. Die Forscher der Universität Stuttgart entwickelten ein Konzept für deren Einsatz in der breitbandigen Funkkommunikation und wendeten dieses nun erstmals im Feldversuch unter realen Bedingungen an.
Die bisherigen kommerziell verfügbaren Funksysteme sind auf Übertragungsdatenraten von wenigen Gigabit pro Sekunde limitiert und erreichen diese auch nur unter optimalen Witterungsbedingungen. Im Bereich der Kommunikationsforschung wurden bis dato maximal Distanzen bis zu fünf Kilometer mit vergleichbaren Datenraten erzielt. Mit aktuellen Ergebnissen eröffnen sich neue Horizonte und technische Freiheitsgrade in der Entwicklung zukünftiger multi-Gigabit Übertragung in terrestrischen und satellitengestützten Richtfunksystemen.
Ziel des Projekts ist die nächste Generation von Satelliten-Kommunikationssystemen für die schnelle Anbindung von Satelliten. Eine weitere Anwendung liegt aber auch im terrestrischen Richtfunk. Neben der Universität Stuttgart, dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist der Industriepartner Radiometer Physics beteiligt. Für die Übertragungsexperimente ermöglichte der Südwest-Rundfunk den Zugang zu seinen Sendetürmen.