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Redaktion: Heinz Schmitz
3D-Kino – kreativer und kostengünstiger
Schwebend im All, ein atemberaubender Blick auf die Erde – beim Science- Fiction-Drama »Gravity« hat der Zuschauer das Gefühl, selbst im Außeneinsatz am Space Shuttle zu arbeiten. Das ist der besondere Reiz von 3D-Filmen: Sie ziehen das Publikum mitten ins Geschehen. Dennoch gilt auch hier: Sollen Kinofilme genügend Geld einspielen, sind neue Spezialeffekte gefragt. Gerade bei dreidimensionalen Filmen treibt dies die ohnehin schon hohen Produktionskosten weiter in die Höhe.
Die 3D-Produktion macht vor allem eines so aufwändig und teuer: Statt einer muss der Kameramann gleich zwei Kameras bedienen. Fortlaufend muss er den Neigungswinkel und den Abstand der Aufnahmegeräte zueinander anpassen. Künftig reicht es, wenn eine Kamera scharf gestellt wird, den Rest erledigt eine Software. »Das zweite Aufnahmegerät übernimmt die Einstellung der ersten, und entsprechende Algorithmen sorgen dafür, dass die Kameras optimal aufeinander angepasst sind«, erläutert Dr. Siegfried Fößel, Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS. Einen Prototyp der Software gibt es bereits. 25 Bilder pro Sekunde fangen die Kameras ein, einmal pro Sekunde kalibrieren sie sich selbständig.
Das System wurde in dem Projekt Spatial-AV entwickelt. Dort arbeiten die IIS-Wissenschaftler mit ihren Kollegen aus den Fraunhofer-Instituten für Digitale Medientechnologie IDMT, für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz- Institut HHI sowie für Offene Kommunikationssysteme FOKUS zusammen. »Wir wollen mehr Möglichkeiten für Kreativität schaffen – bei 2D- wie bei 3D- Produktionen«, erläutert Dr. Fößel, »und das sowohl beim Bild als auch beim Ton.« Das Forschungsvorhaben läuft bis Ende 2014, die Abschlusspräsentation findet auf der Messe IBC statt.
Für aufwändigere Spezialeffekte reichen zwei Kameras allerdings nicht mehr aus. Die Forscher am IIS haben daher ein System aus 16 Kameras aufgebaut, das beliebig erweitert werden kann. Der Clou des Systems liegt in der Software: Sie erstellt aus den 16 Bildern Tiefenkarten, die in Grautönen angeben, wie weit das in diesem Pixel zu sehende Objekt vom Betrachter entfernt ist. »Mit Hilfe dieser Tiefenkarte können wir aus den 16 Ansichten der realen Kameras beliebig viele Ansichten generieren – und somit eine virtuelle Kamera erstellen, ähnlich wie bei rein am Computer generierten Filmen. Das bietet extrem viele Freiheiten. So lassen sich beispielsweise virtuelle Kamerafahrten realisieren, ohne die realen Geräte bewegen zu müssen«, erklärt Fößel die Verarbeitung von so genannten Lichtfeld- oder Multikameradaten.
Bislang werden die zum Film gehörigen Tonspuren klassischerweise im 5.1-Format aufgenommen und abgemischt – die verschiedenen Töne also auf sechs unterschiedliche Kanäle verteilt. Der Nachteil: Wer im Kino am Rand sitzt, hört den Sound der nächsten Box am deutlichsten. Mit der Wellenfeldsynthese erleben alle Kinogäste den räumlichen Klang gleichermaßen – egal auf welchen Plätzen sie sitzen. »Die Wellenfeldsynthese ist objektbasiert«, erläutert Dr. Sandra Brix, Abteilungsleiterin am Fraun-hofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT in Ilmenau. Das heißt: Man nimmt einzelne Geräusche, Stimmen oder Instrumente als eigene Objekte auf und kann sie in der Klangszene platzieren. So könnte etwa ein Flugzeug akustisch über die Zuschauer »hinweg fliegen«. Um diesen räumlichen Klangeindruck mit einzeln hörbaren Klangobjekten darzustellen, erzeugen eine Vielzahl von Lautsprechern eine akustische Wellenfront. Diese breitet sich – ähnlich wie bei einem Stein, den man ins Wasser wirft – im gesamten Wiedergaberaum als Schallfeld aus.
Änderungen stehen jedoch nicht nur im Kino an, auch daheim wird sich das Film- und Fernseherlebnis ändern. So können Fußball- und Konzert-Fans künftig die Kameraperspektive bei Live-Übertragungen frei wählen, sich im Kreis drehen und eine Rundum-Ansicht des Spielfeldes sowie der Zuschauertribünen genießen. Möglich macht es die »OmniCam360«: Wird diese Kamera etwa am Spielfeldrand in Höhe der Mittellinie positioniert, erfasst sie das gesamte Panorama, also einen 360-Grad-Blick. »Die Kamera bringt nur 15 Kilogramm auf die Waage und ist nicht größer als eine normale Fernsehkamera. Sie kann somit von einer Person getragen und auf einem Stativ befestigt werden«, sagt Christian Weißig, Projektleiter am Fraunhofer HHI in Berlin, wo die Kamera entwickelt wurde. Insgesamt zehn Kameras umfasst die Omnicam. In einer Reihe von Testproduktionen konnte die Kamera ihr Können bereits unter Beweis stellen. Mittlerweile ist sie lizensiert und wird vermarktet. Sogar beim WM-Finale in Brasilien kam die neue Technik zum Einsatz.
Möchte man dagegen Filmmaterial für Kuppelleinwände drehen, braucht man zusätzliche Kameras, die »himmelwärts« schauen – ansonsten sieht man zwar das Panorama ringsherum, doch oben an der Decke gähnt ein schwarzes Loch. Die Forscher vom Fraunhofer FOKUS entwickleten daher ein spezielles Verfahren, wie sie die Bildströme der einzelnen Kameras in Echtzeit zu einem nahtlosen Bild zusammensetzen können. So sind künftig auch in den Kuppelkinos Live-Übertragungen möglich.
Weitere Informationen unter:
http://www.dcinema.fraunhofer.de/de/veranstaltungen/IBC_2014.html