Nachrichten, Gerüchte, Meldungen und Berichte aus der IT-Szene

Redaktion: Heinz Schmitz


Menschliche Roboter für Demenzkranke

Roboter MARIO
Symbolbild des Roboters MARIO. (Foto: KOMPAÏ robotics)

Können Maschinen menschliche Zuwendung ersetzen? Die Deutschen sind da skeptisch. Doch in Großbritannien, Irland und Italien stoßen Tests mit Pflegeroboter MARIO aus dem gleichnamigen EU-Projekt auf positive Resonanz. Die Software für die Roboter kommt aus Passau. „Um es ganz provokant zu sagen: Diese Roboter könnten sich in manchen Fällen um demenzkranke Patienten besser kümmern als eine überlastete Pflegekraft“, sagt Prof. Dr. Siegfried Handschuh über die Roboter, die das Forschungsteam ein Jahr lang im Einsatz mit demenzkranken Patientinnen und Patienten getestet hat. In Großbritannien teilten sich die Menschen mit den Maschinen ihr zu Hause.

 

Handschuh ist Inhaber des Lehrstuhls für Informatik mit Schwerpunkt Digital Libraries and Web Information Systems an der Universität Passau. Gemeinsam mit seinem Team steuert er die Software bei, die dem Roboter MARIO Verständnis verleiht: für Sprache, aber auch für den Gemütszustand der jeweiligen Patientinnen und Patienten.

 

Durchwegs positive Rückmeldungen

Von August 2016 bis August 2017 begleiteten die Roboter Patientinnen und Patienten in Irland, Italien und Großbritannien. Die Rückmeldungen seien durchwegs positiv gewesen: „Menschen mit Demenz mögen MARIO. Es bereitet ihnen Freude, mit dem Roboter zu interagieren. Wir hätten erwartet, dass der Roboter auf mehr Skepsis stoßen würde“, so Prof. Dr. Handschuh.

 

Der Roboter MARIO ist in dem gleichnamigen Forschungsprojekt entwickelt worden. Die Abkürzung steht für: „Managing active and healthy aging with use of caring service robots”. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Irland, Frankreich, Großbritannien, Europa und Deutschland sind beteiligt und arbeiten eng mit Pflegefachkräften, Krankenhäusern und Robotikfirmen zusammen. Eine Ethikkommission unter der Leitung der National University of Ireland, Galway, begleitet die Arbeit der Forscherinnen und Forscher.

 

Dass Roboter als unterstützende Assistenten in der Pflege zum Einsatz kommen, beispielsweise für kräftezehrende Hebetätigkeiten, das können sich einer Umfrage zufolge noch viele Deutsche vorstellen. Schwieriger wird es bei dem Gedanken, dass die Maschinen möglicherweise auch menschliche Zuwendung ersetzen könnten.

 

So interagiert der Roboter mit Patientinnen und Patienten

Genau das kann MARIO. Zum Beispiel, indem er nicht müde wird, Fragen zu stellen, wie: „Hast Du heute schon Deine Medizin genommen?“ Oder, indem er auf den Gemütszustand des jeweiligen Patienten oder der Patientin reagiert. „Wenn der Roboter gelernt hat, dass die Patientin möglicherweise jeden Tag morgens weint, weil sie sich an den verstorbenen Mann erinnert, dann kann der Roboter darauf reagieren. Indem er tröstet, indem er ablenkt. Beispielsweise, indem er Bilder von schönen Erlebnissen zeigt“, erklärt Projektmitarbeiter Dr. Adamantios Koumpis.

 

Das klingt kalt und banal. Doch manchen pflegebedürftigen Menschen kann dies das Leben erleichtern, bisweilen sogar retten. Denn der Roboter hätte deren Zustand stets im Blick und könnte das Pflegepersonal gezielt alarmieren, sobald er gravierende Änderungen feststellt. Auch Änderungen, die auf den ersten Blick positiv erscheinen mögen: „Nehmen Sie die Frau, die jeden Morgen weint. Tut sie das eines Morgens nicht, kann dies durchaus ein Alarmsignal sein“, so Koumpis.

 

2018 sollen die Roboter auf den Markt kommen

Im Januar 2018 läuft das Projekt aus, dann sollen die Roboter auf den Markt kommen. Sie sollen durchaus erschwinglich sein. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten aus diesem Grund mit einem etwas älteren Modell, dem Kompai 2, den das französische Unternehmen Robosoft entwickelt hat. Dieses haben sie mit der Software aus Passau aufgerüstet.

 

Die Passauer sind Spezialistinnen und Spezialisten im Bereich des Natural Language Processing, einer Technologie, die es ermöglichen soll, dass Mensch und Maschine nicht nur miteinander kommunizieren können, sondern auch lernen, einander zu verstehen. „MARIO versteht nicht alles, insbesondere, wenn jemand starken Dialekt spricht“, sagt Koumpis. „Aber es bereitet den Menschen dennoch Freude, mit ihm zu kommunizieren.“

 

Siehe auch:

http://www.uni-passau.de/

https://www.bmbf.de/de/vom-roboter-gepflegt-werden-fuer-jeden-vierten-vorstellbar-950.html

 

Zurück