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Redaktion: Heinz Schmitz


Photonen-Drehtür für Quantentechnik der Zukunft

Für abhörsichere Kommunikation, Datenaustausch zwischen Quantencomputern oder höchstempfindliche Sensoren sind Lichtquellen hilfreich, die fein säuberlich ein Lichtteilchen nach dem anderen aussenden, also wie eine Drehtür für Photonen arbeiten. Diese funktionieren bislang aber nur bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt, was eine technische Nutzung erschwert. Physiker des Zentrums für Integrierte Quantenwissenschaft und -technologie (IQST) an der Universität Stuttgart haben nun eine neue mikroskopisch kleine Technologie entwickelt, die eine Photonen-Drehtür sogar bei Raumtemperatur in Aussicht stellt. Dafür nutzten sie hohle Glasfasern.

 

Ein Alltag ohne Licht? Undenkbar. Glasfasern übertragen Daten, Laserlicht liest BluRay-Discs oder operiert die Augenhornhaut. Dass Licht so vielseitig nutzbar ist, liegt an seiner vielseitigen Natur. Unterschiedliche Lichtquellen erzeugen unterschiedliches Licht. Die Unterschiede spiegeln sich unter anderem in der Art und Weise wieder, wie Lichtteilchen, so genannte Photonen, die Lichtquelle verlassen. Normale Lampen produzieren „unordentliches“ Licht: Die Photonen kommen nicht als gleichmäßiger Strom, sondern portionsweise heraus. Laserlicht ist schon etwas ordentlicher: der Lichtstrom ist gleichmäßiger, jedoch immer noch mit Portionen aus mehreren Photonen.

 

Für manche neuartige technische Anwendungen brauchen Physiker noch besser geordnetes Licht: Die Photonen sollen eines nach dem anderen aus der Quelle kommen, ähnlich wie Menschen hinter einer Drehtür. Denn nur so lassen sich die quantenphysikalischen Eigenschaften einzelner Photonen nutzen um zum Beispiel Daten abhörsicher auszutauschen. Zwar gibt es solche Photonen-Drehtüren bereits. Es hapert allerdings noch mit ihrer Anwendbarkeit, da sie das „ordentliche“ Licht nur bei äußerst tiefen Temperaturen produzieren. Die dafür nötigen Apparaturen füllen ganze Labore.

 

Nun haben Physiker des IQST an der Universität Stuttgart und des Max- Planck-Instituts für die Physik des Lichtes in Erlangen einen wichtigen Schritt hin zu einer Drehtür für Photonen getan, die sogar bei Raumtemperatur funktionieren könnte. Der wesentliche Teil ihres Experimentes besteht aus einer hohlen Glasfaser. Die Forscher um Robert Löw wollen einen schon bekannten Effekt nutzen, um die „Photonen-Drehtür“ zu verwirklichen. Physiker um Sebastian Hofferberth an der Uni Stuttgart haben zuvor bei tiefen Temperaturen folgendes Experiment gemacht. Ein Gas aus Atomen eines bestimmten Elementes absorbiert normalerweise Laserlicht mit einer bestimmten Wellenlänge. Beleuchtet man das Medium mit einem zweiten Laser bestimmter Wellenlänge, dem so genannten Kontrolllaser, dann lässt das Gas einen Teil der Photonen des ersten Lasers durch. Das Gas lässt also das Laserlicht wieder ungestört hindurch. Der Trick hin zu einzelnen Photonen besteht nun darin, mit dem Laserlicht die Atome im Gas zu so genannten Rydberg-Atomen anzuregen. Bei diesen kreist das äußerste Elektron auf einer mehrere Tausendstel Millimeter durchmessenden Bahn um den Atomkern. Rydberg-Atome sind damit 10.000 Mal größer als herkömmliche Atome. Wegen ihrer Größe beeinflussen Rydberg-Atome sich gegenseitig sehr stark. Das hat zur Folge, dass beim Einschalten des Kontrolllasers die Rydberg-Atome deutlich schwächer transparent werden als zuvor die herkömmlichen Atome. Genau gesagt sorgt die Quantenphysik dafür, dass jedes Rydberg-Atom nur ein einziges Photon passieren lässt.

 

Hier setzen die Stuttgarter Forscher an. Sie wollen den Drehtür-Effekt mit photonischen Kristallfasern, gefüllt mit Atomen, verwirklichen. In diesen speziellen Fasern behält das Laserlicht entlang der gesamten Faserlänge die benötigte hohe Intensität bei. Daher ordnen sich darin sehr viel mehr als nur ein paar Rydberg-Atome als Drehtüren hintereinander an. Die Nutzung der Faser, sind die Physiker überzeugt, erlaubt es auch, den Effekt bei Raumtemperatur zu beobachten. Zwar flitzen dann die Rydberg- Atome in der Faser hin und her und prallen in Bruchteilen einer Sekunde an die Faserwand, was sie eigentlich für den Drehtür-Effekt unbrauchbar macht. Doch die hohe Anzahl der hintereinander in der langen Faser liegenden Rydberg-Atome gleicht diesen Nachteil wieder aus. Viele kurzlebige Rydberg-Atome sind genauso gut wie wenige langlebige, so die Hoffnung.

 

Eine Sorge konnten die Stuttgarter Forscher allerdings nun mit dieser Arbeit beseitigen: Da der Kanal der Hohlfaser mit 19 Mikrometern nur unwesentlich mehr Durchmesser hat als ein Rydberg-Atom groß ist, könnte seine Wand die Atome stören und den Drehtür-Effekt unterbinden. Nun klärten die Physiker die Frage, ob „freilaufende“ Rydberg-Atome sich anders verhalten als Atome in Käfighaltung. Ergebnis: Sie tun es nicht, die Rydbergatome sehen Ihren Käfig einfach gar nicht, zumindest solange es nicht bis es zu einer Atom-Wand Kollision kommt. Das geschieht zwar relativ schnell, aber die kurze Zeit sollte ausreichen um den Drehtür-Effekt zu verwirklichen.

 

Originalpublikation:

G. Epple, K. S. Kleinbach, T. G. Euser, N. Y. Joly, T. Pfau, P. St.J. Russell, R. Löw: "Rydberg atoms in hollow-core photonic crystal fibres", Nature Communications 5 4132 (2014)

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