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Redaktion: Heinz Schmitz


Roboter proben Weltraummission

Roboter proben in der Wüste von Utah
Die abgelegene, felsige Wüstenlandschaft in Utah bietet optimale Bedingungen für Marssimulationen. (Quelle: DFKI GmbH, Foto: Florian Cordes)

Eine karge, felsige Wüstenlandschaft und keine Menschenseele weit und breit – um den unwirtlichen Bedingungen auf dem Roten Planeten möglichst nahe zu kommen, testen Wissenschaftler des Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) vom 24. Oktober bis 18. November 2016 die Kooperation verschiedener Robotersysteme in der Halbwüste des amerikanischen Bundesstaates Utah. Die Roboter SherpaTT und Coyote III aus dem Transferprojekt TransTerrA gehen dafür bereits Anfang September auf Reisen.

 

Die Erkenntnis, dass sich Utahs Halbwüste besonders gut als Testareal für Marsmissionen eignet, ist nicht neu: seit 2011 betreibt die Mars Society im Süden des Bundesstaates nahe der Kleinstadt Hanksville die Mars Desert Research Station, eine Forschungsstation mit Weltraum-Habitat, in der regelmäßig bemannte Marsaufenthalte simuliert werden. Etwas nördlich davon stellen die DFKI-Wissenschaftler verschiedene Robotersysteme im Rahmen einer vierwöchigen, vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in dem Projekt FT-Utah (Field Trials Utah) geförderten Feldtestkampagne auf die Probe. Die Systeme sind Teil des laufenden Vorhabens TransTerrA, das auf die Entwicklung von Raumfahrttechnologien und deren Transfer in irdische Anwendungen zielt. Dazu gehört auch die Durchführung einer Weltraummission, in der Roboter im Team autonom komplexe Aufgaben erfüllen. Die Feldtests in Utah bieten den Wissenschaftlern erstmalig die Gelegenheit, die Missionsabläufe in einer natürlichen, realitätsnahen Umgebung zu testen.

 

Sicher in einem Schiffscontainer verstaut, treten zwei DFKI-Roboter die Reise über den Atlantik an: zum einen der Schreit-Fahrrover SherpaTT, der – dank seines aktiven Fahrwerks – selbst schwieriges Gelände gekonnt überwinden und zugleich größere Nutzlasten, wie zusätzliche Sensorik, Akkus oder Werkzeuge, transportieren kann. Unterschiedliche Sensoren lassen ihn seine Umgebung autonom erkunden, und ein Roboterarm ermöglicht es ihm, Objekte vielfältig zu manipulieren. Zusätzlich ist der Rover mit mehreren elektromechanischen Schnittstellen ausgestattet, mittels derer er sich an unterschiedliche Missionsszenarien anpassen kann. Der zweite Roboter ist ein Mikro-Rover namens Coyote III, der sich mithilfe einer Sternradkonstruktion besonders schnell in unwegsamem Gelände fortbewegt.

Auch er ist mit Sensoren für die autonome Exploration und zusätzlichen Schnittstellen ausgerüstet, die zum Beispiel das Andocken von Manipulatoren und weiteren Nutzlastmodulen ermöglichen.

 

Weltraumszenario

Die am Weltraumszenario beteiligten mobilen Systeme SherpaTT (links), Coyote III (hinten im Krater) und die Basistation mit aufgestecktem Nutzlastmodul (rechts). (Quelle: DFKI GmbH, Foto: Florian Cordes)

 

Der Schwerpunkt der Feldtestkampagne in Utah liegt auf der Simulation einer sogenannten Sample-Return-Mission, bei der Bodenproben der Marsoberfläche für Analysezwecke zur Erde zurückgebracht werden. Dafür errichten die beiden Rover unter Verwendung einer Basisstation, die dem Aufladen ihrer Batterien und der Datenübertragung dient, sowie zusätzlicher Nutzlastmodule eine logistische Kette. Die Aufgabe von SherpaTT ist es, die Umgebung umfassend zu erkunden und durch den Einsatz seines Manipulatorarms Bodenproben zu entnehmen. Der kleinere Coyote III übernimmt die Rolle eines Shuttles, das die entnommenen Proben einsammelt und zur Landestation transportiert. Zur selben Zeit in Bremen: die Kontrolle des Missionsablaufs erfolgt phasenweise ferngesteuert per Satellitenlink durch eine am Robotics Innovation Center errichtete Kontrollstation. Von hier aus kann ein menschlicher Operator mithilfe eines tragbaren Oberkörper-Exoskeletts in die viele tausend Kilometer entfernt durchgeführte Mission eingreifen und die Roboter direkt steuern.

 

Zurück in Deutschland fließen die Ergebnisse der Feldtestkampagne in das Vorhaben TransTerrA ein. Eine weitere Frage lautet in diesem Zusammenhang, wie sich die für Weltraummissionen entwickelten Systeme und Technologien auf irdische Anwendungen übertragen lassen. Denn Roboter, die selbstständig Aufgaben unter den harschen Bedingungen fremder Planeten durchführen können, eignen sich auch für den Einsatz in menschenfeindlichen Umgebungen auf der Erde, etwa in der Tiefsee oder in nach Industrieunfällen kontaminierten Gebieten.

 

Siehe auch:

http://robotik.dfki-bremen.de/de/forschung/projekte/ft-utah.html

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