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Redaktion: Heinz Schmitz


Sechsbeiniger Roboter lernt laufen

Einem Forscherteam der Universität Bielefeld ist es gelungen, einem weltweit einmaligen Roboter das Laufen beizubringen. Der Roboter trägt den Namen Hector. Er ist nach dem Vorbild einer Stabheuschrecke konstruiert. Inspiriert von dem Insekt hat Hector passiv-elastische Gelenke und ein extrem leichtes Außenskelett. Einzigartig macht ihn, dass er zudem mit sehr vielen Sensoren ausgestattet ist und mit einem biologischen, dezentralen Regelungskonzept arbeitet, dem Walknet. Bis 2017 wird der Laufroboter in einem Großprojekt am Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) mit zusätzlichen Fähigkeiten ausgestattet.

 

Gebaut wurde der Laufroboter in der Forschungsgruppe „Biomechatronik“. Hector soll künftig einerseits als Testplattform dienen, mit deren Hilfe Biologinnen und Biologen zusammen mit Robotikern Annahmen über das Laufverhalten von Insekten testen können. Dabei spielt unter anderem die Zusammenführung von vielen Sensordaten eine Rolle, damit der Roboter noch autonomer als bislang laufen kann. Eine weitere Kernfrage ist, wie sich bei Robotersystemen mit elastischen Antrieben die Bewegungen optimal koordinieren lassen.

 

„Die Elastizität in Hectors Antrieben ist in ihrer Wirkung vergleichbar mit der von Muskeln in biologischen Systemen“, sagt Professor Dr. Axel Schneider. Er leitet die Biomechatronik-Gruppe und koordiniert das CITEC- Projekt zusammen mit Professor Dr. Volker Dürr von der Forschungsgruppe Biokybernetik der Fakultät für Biologie. Schneider und sein Team haben die elastischen Gelenkantriebe selbst entwickelt. Hector besitzt 18 dieser Gelenke. Durch die biologisch inspirierte Elastizität der Antriebe kann er sich beim Laufen flexibel an die jeweilige Beschaffenheit des Bodens anpassen.

 

„Die Elastizität allein reicht aber nicht aus, damit Hector in einer natürlichen Umgebung mit Hindernissen laufen kann“, sagt Schneider. „Die Herausforderung war, eine Steuerung zu entwickeln, die die Bewegungen seiner Beine auch in schwierigen Umgebungen koordiniert.“ Entwickler und Erbauer des Roboters ist Schneiders wissenschaftlicher Mitarbeiter Jan Paskarbeit. Er hat zusätzlich eine virtuelle Version von Hector programmiert, um experimentelle Steuerungsansätze zu testen, ohne Hector zu beschädigen. „Damit der Roboter problemlos läuft, müssen alle Teilsysteme miteinander kommunizieren“, sagt Paskarbeit. „Andernfalls kann es passieren, dass Hector zum Beispiel zu viele Beine auf einmal in die Luft hebt und dadurch instabil wird und umfällt. Außerdem müssen die Beine auf Kollisionen mit Hindernissen reagieren können. Dafür wurde von uns ein reflexartiges Verhalten zum Übersteigen von Objekten implementiert“, erklärt der CITEC-Forscher.

 

Am Exzellenzcluster CITEC haben sich acht Forschungsgruppen zusammengetan, um über drei Jahre in einem Großprojekt an der Optimierung von Hector zu arbeiten. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen aus den Disziplinen Informatik, Biologie, Physik und den Ingenieurswissenschaften.

 

Derzeit arbeiten die Forscher unter anderem daran, Hectors Vordersegment wie einen Kopf mit Fern-Sensoren auszustatten. Ein Prototyp mit zwei seitlichen Kameras und zwei Tastfühlern existiert bereits. Sowohl das Sehsystem als auch die Fühler sind denen von Insekten nachempfunden – so sind ihre Arbeitsbereiche und Auflösungsvermögen eng an die tierischen Vorbilder angelehnt. „Eine große Herausforderung wird es nun sein, diese Fern-Sensoren mit der Sensorik der Körperhaltung und Gelenkregelung effizient zu integrieren. Genau für diese Integrationsleistung ist Hector die ideale Forschungsplattform“, sagt Volker Dürr.

 

Die Forschung an Hector baut auf einer Reihe früherer Forschungsprojekte auf. So wurden in dem CITEC-Projekt „Mulero“ und in dem Projekt „ELAN“ die Funktionsteile für Hector hergestellt. „ELAN“ wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. In dem EU-Projekt „Emicab“ befassten sich die Teams von Axel Schneider und Volker Dürr zusammen mit drei weiteren europäischen Forschungsteams mit der intelligenten Bewegungssteuerung in Insekten und Robotern. Dürr und sein Team werteten dafür Bewegungsabläufe von Stabheuschrecken aus, um die Regelungsmechanismen im Nervensystem des Tieres zu verstehen und in Computermodelle zu übertragen. Ein weiterer Schritt für den Bau des Roboters waren der Entwurf und die Fertigung des Roboterkörpers. Ein grün-weißes Designmodell wurde mit Designern der Folkwang Universität der Künste in Essen und Ingenieuren des Leibniz-Instituts für Polymerforschung in Dresden entwickelt. Das Gehäuse des Roboters ist nun schwarz, da es aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) gefertigt wurde, um Gewicht zu sparen.

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