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Redaktion: Heinz Schmitz
Zunahme der Kommunikation durch E-Mail und Co.
E-Mails sind im geschäftlichen Austausch ein gern genommenes Kommunikationsmittel. Nach einer Studie von Professor Dr. Markus-Oliver Schwaab, Hochschule Pforzheim, wachsen mit dem elektronischen Datenaustausch die Erwartungen an das eigene Antwortverhalten. Vielfach forderten Mitarbeiter von sich selber eine schnelle Reaktion – unabhängig von der Firmenphilosophie oder der Eingangszeit. Der Pforzheimer Wissenschaftler wird die zentralen Ergebnisse der Studie im Mai 2014 veröffentlichen.
Mitarbeiter oder Kollegen schnell mit geschäftlichen Informationen versorgen – die E-Mail ist das beliebte Kommunikationsmittel im geschäftlichen Alltag. Viele vermischen inzwischen den privaten und geschäftlichen Account, eine Trennung findet nicht mehr statt. „Durch die Möglichkeit einfach und direkt zu antworten, setzten sich die Befragten oft selbst unter Druck“, kommentiert Professor Schwaab. Der Professor im Studiengang Personalmanagement stellt fest, dass in vielen Unternehmen zwar eine schnelle Korrespondenz gewünscht wird, doch der persönliche „Zwang“ noch höher liegt. Über 75 Prozent überprüfen ihr elektronisches Postfach stündlich oder sobald ein Hinweis auf eine neue Mail vorliegt. Ein Drittel der Befragten versucht, sofort oder spätestens nach zwei Stunden zu antworten, knapp 50 Prozent noch am gleichen Tag.
Zwei von drei Befragten versenden Mails unabhängig von der Uhrzeit. Reguläre Arbeitszeiten, Urlaubstage oder das Wochenende werden dabei ignoriert. Informationen werden schnell per Knopfdruck einfach weitergereicht. Fast jeder zweite Befragte bekommt und liest geschäftliche Mails im Urlaub, zwei Drittel sind auch am Wochenende online erreichbar. „Durch dieses – oft unreflektierte – Verhalten beim Versenden von Mitteilungen wird der Druck auf Mitarbeiter und Kollegen erhöht“, folgert der Pforzheimer Wissenschaftler. „Beim regelmäßigen Checken der Mails, das dank Smartphones und Tablet-PCs immer einfacher wird, fühlen sich die Mitarbeiter oft veranlasst, direkt zu antworten“, fasst Markus-Oliver Schwaab zusammen. Damit weichen die regulären Arbeitszeiten auf, Regenerationszeiten schrumpfen und die Arbeitsbelastung steigt.
Die Schnelligkeit der Kommunikation hat deutlich zugenommen. Noch nimmt die E-Mail bei den elektronischen Austauschmedien eine deutliche Spitzenposition ein. Kurzmitteilungen via SMS oder Twitter sind in der geschäftlichen Kommunikation bisher keine relevanten Größen. „Dies scheint sich aber zu ändern. Zumindest nutzen viele jüngere Befragten verstärkt diese Kommunikationskanäle“, so Professor Schwaab. Diese Tendenz zeichnet sich auch für Facebook, Google+ oder Skype ab. Die sogenannten Business- Netzwerke – Xing oder LinkedIn – setzten sich gerade vollends in der Geschäftswelt durch.
Parallel zur Ausweitung der Kommunikationskanäle nehmen auch die Frequenz der Mitteilungen und der Austausch untereinander weiter zu. Mails werden schnell auch mal als Kopie an weitere Personen versandt, gleichzeitig ist die Zahl der Besprechungen und der Telefonate nicht gesunken. „Eine einheitliche Tendenz lässt sich hier nicht erkennen“, bilanziert Markus Oliver Schwaab. Grundsätzlich greifen die Befragten aber, wenn es um brisante oder sehr zeitkritische Informationen geht, eher zum Telefon als zur Tastatur.
Der Pforzheimer Wirtschaftswissenschaftler rät zum differenzierteren Einsatz der elektronischen Kanäle. „Die Möglichkeiten, Informationen auszutauschen werden nicht weniger, sondern mehr.“ Betriebliche Einigungen, beispielsweise Mitarbeiter nach Dienstschluss offline zu stellen, seien zwar in vielen Fällen ein sinnvoller Lösungsansatz, würden aber noch nicht den Kern der Problematik treffen. „Vielfach setzten sich die Mitarbeiter selbst unter Stress. Die Übereinkunft, E-Mails möglichst zeitnah zu beantworten, werde mit in den Feierabend genommen“, so Professor Schwaab. Er plädiert dafür maßgeschneiderte Spielregeln in Teams zu vereinbaren, Freiräume zu respektieren, den Empfängerkreis von Mitteilungen kritisch zu hinterfragen und auch stets zu überlegen, welche Kommunikationsform am geeignetsten ist.
Den immer häufiger geforderten gesetzlichen Vorschriften steht Professor Schwaab eher zurückhaltend gegenüber. Seine Begründung: „Die Studie gibt keine Belege für eine Verbesserung durch gesetzliche Regelungen.“ Befragte aus Organisationen mit bereits existierenden „Spielregeln“ berichten ebenfalls über eine Zunahme der beruflich bedingten Störungen in der Freizeit. Mehr Erfolg verspricht sich der Pforzheimer Wissenschaftler von Kommunikationsrichtlinien, die zusammen im Unternehmen erarbeitet werden. So könnte „gemeinsam eine vertrauensbasierte Kommunikationskultur aufgebaut und entwickelt werden. Damit steigen die Chancen, die gesundheitsgefährdende Dauerbereitschaft durch eine Kultur abzulösen, die produktive Arbeitszeiten und bewusste Auszeiten vereint.“