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Redaktion: Heinz Schmitz


Bahndrehimpuls von Plasmonen im Video

Lichtspirale auf Gold
Lichtspirale auf Gold. (Quelle: Uni Stuttgart)

Was auf dem Bildschirm erscheint, sieht aus wie eine sich drehende Lakritzschnecke. Tatsächlich ist es die spiralförmige Bewegung einer durch Licht angeregten Elektronenwelle (Plasmon) auf einer Metalloberfläche, aufgenommen aus Einzelbildern mit einem Abstand von unvorstellbaren 100 Trillionsteln einer Sekunde. Dazu haben Forscher der Universität Stuttgart einkristalline Goldinselchen angefertigt und per fokussierter Ionenstrahl-Lithographie eine Windung einer Archimedischen Spirale – den Ursprung der Lakritzschnecke – in die Oberfläche geritzt. Beschießt man diese mit einem Femtosekunden-Laserpuls, so nehmen die entstehenden Plasmonen genau diese Form an und rotieren in der Zeit als Spirale auf der Goldoberfläche.

 

Zu Abbildung bedienen sich die Wissenschaftler der zeitaufgelösten 2 -Photon-Photoemissionsmikroskopie (2PPE), die nur eine Handvoll Arbeitsgruppen weltweit beherrschen: Forscher der Universität Kaiserslautern und der Universität Duisburg-Essen regen dazu mit einem ersten Femtosekundenpuls das Plasmon an.

 

In variablem Abstand von wenigen Attosekunden bis Femtosekunden folgt anschließend ein zweiter Laserpuls, der konstruktive und destruktive Interferenz detektiert. Vergrößert man den zeitlichen Abstand zwischen anregendem (pump) und detektierendem Laserpuls (probe) bei jedem Ansatz um rund 100 Attosekunden, so ergibt sich aus der Summe der aneinandergefügten Bilder ein Film des rotierenden Plasmons.

 

Es zeigte sich, dass bei jeder Anregung zwei Plasmonen unterschiedlicher Wellenlänge entstanden: Eines auf der sichtbaren Goldoberfläche und eines auf der unteren Grenzfläche zwischen Gold und Siliziumsubstrat. Die untere Spirale war dabei mit einer Wellenlänge von rund 180nm deutlich kleiner als ihr oberes Pendant (780 nm) und wurde vom Team um CENIDE-Physiker Prof. Dr. Frank-J. Meyer zu Heringdorf der Universität Duisburg-Essen untersucht: Ihre geringe Größe öffnet die Tür zu möglichen neuen Anwendungen in der Optik, in der es auf möglichst kleine Wellenlängen ankommt, um die Beugungsgrenze zu unterschreiten.

 

Die sichere und schnelle Übertragung großer Datenmengen per Glasfaserkabel ist dabei eine Option. „Wir denken aber auch schon darüber nach, Materie zu bewegen“, so Meyer zu Heringdorf. „Dafür müsste ein Partikel im Zentrum der Spirale liegen und mit ihr interagieren.“ Dann könnte ein Lichtpuls ausreichen, um ein Nanopartikel zu drehen und eine Funktion in Gang zu setzen.

 

Originalpublikation:

Spektor et al., SCIENCE 355 (2017) S. 1187; DOI: 10.1126/science.aaj1699

http://science.sciencemag.org/content/sci/suppl/2017/03/15/355.6330.1187.DC1/aaj1699s3.mp4

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